Mit Kühlbox, Klo und Kamera: cfb - in - motion

Seine Erfahrungen mit Wohnmobilen und natürlich auch seine Erlebnisse mit IGLHAUT Allrad-Wohnmobilen
verarbeitet Herr Böttger in seinen Büchern:

"Mit Kühlbox, Klo und Kamera: Vergnügliches und Nützliches aus über 40 Jahren im Reisemobil" und "Südafrika im Reisemobil: Entdecker-Touren durch das faszinierende Land der Regenbogen-Nation."

Die Aktivitäten der Böttgers kann man online unter www.cfb-in-motion.com verfolgen.

Herr Böttger hat uns freundlicherweise einen kleinen Auszug aus Mit Kühlbox, Klo und Kamera... zur Verfügung gestellt. Wir wünschen viel Vergnügen!

Zwischen Reben und Remisen

Die Idee ist so einfach wie genial. Trotzdem, oder vielleicht genau deswegen wurde sie nicht in Deutschland sondern in Frankreich realisiert. Und das kam so: Pierre Ginoux war als Redakteur eines Fachmagazins für Weinbauern in Carpentras in der Provence mit seinem Reisemobil ständig in den Weingütern seiner Leser unterwegs. Dort fand er stets großzügige Stellplätze, wie er sie sich für seine Urlaubsreisen auch gewünscht hätte. Auf einer solchen Tour kam ihm der zündende Gedanke. Weinbauern haben viel Platz, sind aber immer auf der Suche nach Kunden. Reisemobilisten suchen ruhige und landschaftlich schön gelegene Stellplätze und sind oft auf der Suche nach einer guten Flasche Wein. Man müsste die beiden Gruppen also nur zusammenbringen. Und allen wäre gedient.

Doch ganz so einfach ging es dann doch nicht. Der Umsetzung standen einige Gesetze im Weg – in diesem Fall die Regelungen für das Beherbergungsgewerbe. Man glaubt es kaum, aber hin und wieder unterwerfen sich sogar Südfranzosen der Bürokratie. Im Gegensatz zu anderen Völkern scheinen sie aber unablässig darüber zu hirnen, wie man die Gesetze legal aushebeln kann. So auch Ginoux, dem schließlich der rettende Gedanke kam: invitation - Einladung. Würden die Weinbauern persönliche Einladungen an die Reisemobilisten aussprechen, wären die Gesetze für das Hotelgewerbe gegenstandslos. Die Reisemobilisten würden als private Gäste kommen, dürften kostenlos übernachten, würden aber sicher als Gegenleistung an einer Weinverkostung teilnehmen und die eine oder andere Flasche für die Weiterfahrt mitnehmen. France Passion war geboren.

Waren es zunächst nur die Weinbauern aus der Provence, die sich dem Netzwerk anschlossen, dehnte Ginoux sein System bald über ganz Frankreich aus und nahm schließlich auch Bauernhöfe auf. Trotz dieser immensen Erweiterung hat sich France Passion im Kern nicht geändert. Der interessierte Reisemobilist kauft sich eine Broschüre, in der alle teilnehmenden Weingüter und Bauernhöfe mit ihrer Adresse sowie einer Anfahrt- und Kurzbeschreibung der Stellplätze aufgelistet sind. Auf den Weingütern, deren Zufahrt meist auf den letzten Kilometer mit France-Passion-Pfeilen ausgeschildert ist, weist er sich mit seiner persönlichen Gästekarte und einem Auto-Aufkleber aus. Das ist schon alles.

Wir waren im Jahre 1994 das erste Mal auf Tour durch die Weingüter von France Passion – im zweiten Jahr seines Bestehens. Zum Einstieg  haben wir mit dessen Gründer Pierre Ginoux in Carpentras ein unvergessliches Interview geführt. Anschließend haben wir die unterschiedlichsten Weingüter in der Provence, der Bourgogne und im Elsass besucht und dabei unbeschreibliche Erlebnisse gehabt. Wobei uns vor allem die Nähe zu deren Besitzern fasziniert hat.

Es war manchmal unfassbar, wir wurden meist wie uralte Bekannte begrüßt und aufgenommen. Das verrückteste Erlebnis hatten wir auf einem kleinen Weingut in der Nähe von Besançon. Nachdem wir unser Reisemobil zwischen Bäumen am Rande des Grundstückes geparkt hatten, wollten wir uns zunächst nur vorstellen und anmelden. Doch ehe wir uns versahen, saßen wir mitten in einer Geburtstagsfeier. Der Patron feierte seinen Sechzigsten und hatte zu diesem Anlass die gesamte Großfamilie zu Gast. Nach großem Begrüßungshallo fanden wir uns schließlich zwischen einer Schwester aus Lyon und einem Enkel aus Paris wieder und wurden mit Essen und Wein nur so zugeschüttet. Es wurde eine lange Nacht in dieser ausgelassenen Runde.

Ganz anders erlebten wir es einige Tage später im Gebiet um Orange und den Mont Ventoux. Hier übernachteten wir auf einem riesigen, gekiesten Parkplatz vor einem mächtigen, ehrwürdigen Château, auf dem gut und gern zehn Reisebusse Platz gehabt hätten. Nach den Ausmaßen und dem Schick des modernen, gläsernen Verkaufs-Pavillons zu urteilen brachten die in der Haupt-Reisesaison wohl auch täglich ihre Fracht hierher zur Weinverkostung.

Ein anderes Weingut in dieser Region wird uns in Erinnerung bleiben durch seine enge Einfahrt zwischen zwei Säulen mit steinernen Löwenköpfen und durch sein adeliges Besitzer-Ehepaar. Als wir die beiden bei Abreise mit ihren edlen Windhunden auf der bestimmt zwanzig Meter breiten Freitreppe ablichten wollten, musste ich sie sehr geschickt platzieren, um nicht auch das dreißig Zentimeter lange Unkraut, das zwischen den Steinplatten hervor wuchs, mit auf den Film zu bannen.

Jung, engagiert, sie in Jeans und mit Kopftuch, führte uns an diesem Abend ein weiteres Winzerpaar durch seinen überschaubaren Weinberg und lud uns zur Weinprobe in einen Anbau ihres Hauses ein, der kaum größer als eine Doppelgarage war. Das allerdings war die absolute Ausnahme. Die meisten Weingüter erstreckten sich über immense Flächen, hatten lange Zufahrten zwischen Tor und Gebäuden und boten großzügige Stellflächen. Mal standen wir fast zwischen den Rebstöcken, mal neben den Geräteschuppen, mal direkt neben dem Château. Manchmal bekamen wir sogar Strom oder durften die Waschräume und Toiletten des Weinguts benutzen. Aber immer erlebten wir eine entwaffnende Herzlichkeit und Gastfreundschaft Wir wurden meist nicht nur durch die Weinberge, das Gut und den Keller, sondern auch durch die Privaträume des Châteaus geführt. Selbst dann, wenn wir das Angebot zur Weinprobe, manchmal in Verbindung mit dem Abendessen, nicht annahmen. Als sehr angenehm empfanden wir auch, dass keinerlei Druck zum Weinkauf auf uns ausgeübt wurde. Zwischen drei und sechs Flaschen wanderten dennoch bei jedem Besuch in die Dusche. Es bleibt unser Geheimnis, wie lange wir daran gesüffelt haben.

Das Beeindruckendste auf dieser Tour war für uns ein Weingut nahe Montpellier. Dessen Weinkeller lag nicht, wie sonst üblich, unter der Erde. Seine riesigen Eichenfässer standen in den Seitenschiffen einer gotischen Kathedrale, die vom Eindruck und der Größe her auch in Avignon oder Straßburg hätte stehen können.
Es war unglaublich, kaum vorstellbar. Wir fuhren über Naturpisten durch Bäume, Buschwerk und Schilf vom Weingut auf eine Halbinsel. Und dann stand es plötzlich vor uns, dieses mächtige Bauwerk, dicht umwuchert wie im Urwald. Der Winzer schloss das vier Meter hohe Portal mit einem mittelalterlichen Schlüssel von der Größe einer Männerhand auf, öffnete die ächzende Tür, und wir betraten diese unendlich hohe Kathedrale. Durch die Altarfenster fiel strahlenförmig fahles Licht ins Innere, wie es die großen Maler zur Auferstehung Jesu gemalt haben. Hier aber fiel das Licht in eine völlig leere Kathedrale. Nichts war zu sehen. Kein Altar. Keine Kanzel. Keine Bänke. Kein Kirchengestühl. Kein Mosaikfußboden. Nichts.

Erst als wir ergriffen über den staubigen, gestampften Lehmboden zu den Seitenschiffen gingen, nahmen wir sie schemenhaft wahr. Schritt für Schritt tauchten die Umrisse der bis zu sechs Meter hohen Weinfässer zwischen den Stützpfeilern des Daches aus dem Halbdunkel vor den zulackierten Fenstern der Seitenschiffe auf. Und urplötzlich holte uns die Stimme des Winzers aus dieser wundersamen, grotesken und faszinierenden Stimmung. Und wir lauschten noch geistesabwesend den nüchternen und geschäftigen Erklärungen zum Weinbau im Allgemeinen und den Spezialitäten dieses Châteaus im Besonderen.

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